Obwohl die Erwanderung der Alpen kein Zuckerschlecken war und man an so mancher Stelle an seine körperlichen Grenzen stieß, würde ich sie jederzeit einem Großstadttrip vorziehen, und auch gerne wiederholen.
Nach einer anstrengenden, durch Verzögerungen lang gewordenen Zugfahrt und der vorerst letzten warmen Dusche für die nächsten Tage standen wir mit gepackten Rucksäcken vor der Jugendherberge Garmisch-Partenkirchen, bereit für eine Woche von Hütte zu Hütte zu wandern. Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht – es wurden einige wundervollen Tage, was nicht zu einem unerheblichen Teil an den entspannten Lehrern lag, mit denen wir unterwegs waren.
Die Fülle der Höhepunkte dieses Ausflugs lassen diese schwer zusammenfassen. Ob es die Ansicht der Sonne war, die nach einer tiefen und kalten Nacht ihre Strahlen über die Bergspitzen schickte, oder das Glücksgefühl, dass sich beim Erklimmen eines Sattels, verbunden mit dem Ausblick auf das dahinterliegende Tal, einstellte; jeder Moment war einzigartig und schön.
Die atemberaubenden Aussichten und der heiß ersehnte „Kamillentee“ (alias alkoholfreies Hefeweizen) am Abend waren Belohnung genug für die Anstrengungen des Tages – neben denen man selbstverständlich auch die wunderschöne Natur bestaunen konnte. Auf den Wegen durch die Täler erblickte man ab und zu grasende Gämsen die lustig umherkletterten, oder ab und zu den Hintern eines Murmeltiers, immer begleitet vom Läuten der Kuh- und Schafsglocken.
Während des Wanderns wurde philosophiert, gerätselt und viel gelacht, entfernte Gestalten wurden unter Einfluss der Fantasie zu Einhörnern oder Steinböcken. Ob schattige Märchenwälder, in denen unsere Schritte vom Moos verschluckt wurden, graue Geröllfelder oder steile, verschlungene Pfade vor uns lagen, hinter jeder Kurve wartete eine andere Landschaft, eine andere Welt, die es zu bewundern gab.
Die plötzlich abfallenden Berghänge und beeindruckenden Höhen, über die sich unsere Wege schlängelten, brachten den Abenteuergeist zum Jubeln und ließen keine Langweile aufkommen. Der Blick aus dem Tal, zurück auf den Berg, den man am Vortag bestiegen und gerade wieder heruntergekraxelt war, erfüllten einen mit Stolz. Und dann schweifte der Blick weiter zum nächsten Gipfel: Da müssen wir noch hoch?!
Zwischendurch wurden die berüchtigte Hartkeksschokolade (oder waren es Haferkekse? ...) und Nüsse herumgereicht, wenn mal wieder eine Pause eingelegt wurde, um die von schmerzenden Beinen und schweißgetränkten T-Shirts mürbe gewordenen Gemüter vor dem Kippen zu bewahren. Da kann auch ein kurzes Bad in der Partnach (oder auch ein kalter Kamillentee) wahre Wunder wirken. Und wenn die Hütte erst einmal erreicht war, schmeckte das Abendessen den von Bergluft und Wandern hungrig gewordenen Mägen gleich doppelt so gut. Nach solch einem langen Tag kann man auch schonmal durcheinanderkommen… müssen wir Morgen noch 64 Serpentinen hoch, oder waren es doch nur 12?
Ein bisschen Kultur durfte natürlich auch nicht fehlen – war ja schließlich eine Studienfahrt - deswegen haben wir uns das Jagdschloss am Schachen im Vorbeigehen angeschaut. Allerdings nur von außen, Berge waren dann doch interessanter…
Als man dann die Berge langsam weichen sah, der letzte Hügel erklommen und der beim „Gatterl“ beginnende Abstieg nach Österreich vor uns lag, griff mich das „Bergweh“ schon an. Und jetzt, wo wir wieder im Zug Richtung Heimat sitzen, kann ich es kaum erwarten bei der nächsten Gelegenheit wieder die Zivilisation hinter mir zu lassen und bei strahlendem Sonnenschein durch die Berge zu wandern.