Per Zug ging es nach Eisenach und ohne großartige Verzögerung zur dortigen Jugendherberge – ganz zum Missfallen der Jugendlichen, da sie dorthin laufen mussten… Die polnischen Schülerinnen und Schüler sollten abends dazustoßen. Groß war die Aufregung beim ersten Treffen. Es wurden ausführlich Kontakte geknüpft und die man verbrachte einen gemeinsamen Abend auf den unterschiedlichen Zimmern (Die Englischlehrer können stolz sein). Gegen 08.00 Uhr in der Frühe mussten alle beim Frühstück sein… nichts mit Ausschlafen! Alle stärkten sich ausreichend für die kommende Stadtführung um 11:00 Uhr. Die selbstgemachten Lunchpakete wanderten in die Rucksäcke und per Bus ging es nach Erfurt. Dort lernten die Schülerinnen und Schüler unter anderem, dass das schmalste Haus in Erfurt nur 2,05 m breit ist (Wie kann man dort leben?!).
Nach dem Abendessen gab es Musik und Gesellschaftsspiele im Gemeinschaftsraum. Die Jungen aus der Partnerschule steckten mit ihrem Gesang jedoch so gut wie jeden an. Ein großer Chor aus polnischen und deutschen Schülerinnen und Schülern entstand. Die Ohrwürmer schwirren einem heute noch durch den Kopf.
Am nächsten Tag hatte jeder ein vorfreudiges Grinsen im Gesicht. Der Tag sollte super aufregend werden, da es in das Bergwerk von Merkers ging. Um 09.30 Uhr sollte dort eine Führung stattfinden. Mit zwei LKW fuhren die Jugendlichen 800 Meter unter die Erde über 20 km durch ein Labyrinth von der Größe der Stadt München. Dort erlebten sie nicht nur eine private Musik-Show im tiefsten und größten Konzertsaal Europas, sondern lernten auch etwas über den legendären Goldschatz der Reichsbank, der dort in der Zeit des Nationalsozialismus versteckt wurde. Außerdem erlebten sie eine atemberaubende Lichter-Show in einer sehenswerten Kristall-Grotte und durften in alten Bergwerkfahrzeugen posieren. Trotz des großen Spektrums an Sehenswürdigkeiten und der vielen Erlebnisse blieben aber insbesondere die LKW-Fahrten unvergessen! Zwar fuhr der LKW im Durchschnitt nur 30 km/h, doch durch den Fahrtwind, die kurvige und manchmal auch steilere Fahrbahn schwebten die Sicherheitshelme der Jugendlichen regelrecht über den Köpfen. Im Erlebnisbergwerk Merkers werden übrigens neben Konzerten, Hochzeiten und ähnlich feierlichen Events auch Mountainbike-Touren und Marathonläufe angeboten. Also…“Glück auf“, wie man es traditionellerweise im Bergbau sagt.
Mittags ging es zurück nach Eisenach, wo dann auch gleich eine Stadtrally auf die Schülerinnen und Schüler wartete. Anhand von Abbildungen über Sehenswürdigkeiten von Eisenach sollten sie in international gemischten Gruppen, deren Zusammensetzung am Vortag ausgelost wurde, diese Orte finden sowie verschiedene Challenges bewältigen und zum Beweis für jedes Teilergebnis ein Team-Selfie in einer dafür entworfenen App hochladen. Nicht nur die Georgenkirche wurde bestaunt oder das schmalste Fachwerkhaus Deutschlands (und wieder… wie kann man dort wohnen?!), nein, auch wurden schräge Grimassen gezogen und Gegenstände gesucht, die die gleiche Farbe hatten wie die Kleidung der fleißigen Entdecker.
Anschließend blieb Zeit für die eigene Freizeitbeschäftigung wie z.B. Shoppen gehen, Döner kaufen oder hoch zur Wartburg wandern (eigentlich ein Muss, wenn man schon am Berg der Wartburg übernachten konnte, aber nachdem das Wetter die ursprünglichen Pläne wortwörtlich „ins Wasser“ fallen ließ und auch die Ausstellung der Wartburg schon geschlossen hatte, blieben lediglich freiwillige Optionen). Frau Freff, Herr Graumann und ein paar Teilnehmende wanderten also gemeinsam hoch zur Wartburg und es entstanden lustige Momente, darunter ein Wettrennen, ob die männlichen oder weiblichen Wandernden am schnellsten zurück zur Jugendherberge gelangen. Wieder ging der Tag im Gemeinschaftsraum mit viel Gesang und einer Gitarre zu Ende und alle fielen erschöpft vom Tag in die Betten.
Für den Folgetag stand ein Besuch in der Gedenkstätte des früheren KZ Buchenwald an. Von 13:00 – 16:00 Uhr durften wir lernen, wie z.B. der Alltag dort aussah. Schon auf dem Weg dorthin wurde die Stimmung bedrückt. Die sogenannte „Blutstraße“ vom Bahnhof in Weimar bis zum eigentlichen Lager brachte einem nahe, wie schlimm diese Zeiten waren. Die Führung startete mit einer Dokumentation, in der unter anderem verschiedenste Personen darüber berichteten, wie es ihnen in diesem KZ ergangen ist. Mit einem Tour-Guide ging es dann über die große Anlage. Zwar fehlten schon viele Gebäude, dennoch wurde jedem bewusst, wie groß das Gelände einst war, als ein 3D‑Modell gezeigt wurde, auf dem so gut wie alle Gebäude abgebildet waren (ob das Modell insgesamt tatsächlich historisch richtig ist, konnte man leider nicht genau sagen). Zwischen 1937 und April 1945 wurde das Gelände als Haftstätte zur Zwangsarbeit genutzt, bis 1958 die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald eröffnet wurde. Besonders mithilfe des „Krematoriums“, was definitiv das falsche Wort für würdeloses Verbrennen zielgerichtet dem Tod zugeführter Menschen ist, ließ die SS bis 1940 die Toten des Lagers einäschern. Nach der Vorlage von Müll-Verbrennungsanlagen wurden die Öfen entwickelt, was deutlich zeigt, dass der Menschen auf dessen rein materiellen Wert reduziert wurde. Im Seitentrakt befanden sich zwei Sezierräume der „Pathologie“ befanden, um den Verstorbenen im Grunde all das zu nehmen, was brauchbar erschien – z.B. Organe, Goldzähne. Heute wird nur noch einer der zwei Sezierräume gezeigt, während der andere zu einer Art Gedenkraum umgewandelt wurde: Familien der Verstorbenen brachten Gedenktafeln an die Wände. Wir dachten mit unserem Guide darüber nach, ob ein solches Vorgehen nicht von der Weimarer Bevölkerung bemerkt worden sein konnte und entsprechende Gegenreaktionen ausgelöst haben musste. Am Ende der Führung konnten die Jugendlichen in ein separates Gebäude, in dem die Kunstwerke der Häftlinge ausgestellt waren. Stillleben, Kohlezeichnungen, Skizzen, Gedichte und vieles mehr wurden entdeckt. All diese Aufzeichnungen sind Hinweise auf das frühere Leben, die Hoffnungen, Sorgen und Ängste und die desaströsen Umstände dort.
Leider hat jede gute Begegnungsfahrt ein Ende. Am letzten Morgen räumten wir die Zimmer und fanden uns abschließend im Gemeinschaftsraum ein. Es wurde noch einmal zusammen gesungen und sowohl polnische als auch deutsche Schülerinnen und Schüler konnten ihre Tanzkünste unter Beweis stellen. Polnische Schülerinnen bedankten sich letzten Endes nochmals auf Deutsch und es wurde das Versprechen abgenommen, dass die deutschen Schülerinnen und Schüler einen Satz auf Polnisch sagen sollen, wenn die nächste Begegnungsfahrt stattfinden wird. Daraufhin musste schon Abschied genommen werden – aber zum Glück nicht auf ewig, da voraussichtlich für September 2023 die nächste Begegnungsfahrt angekündigt wurde. *Trommelwirbel*… Es geht nach Danzig und hoffentlich werden wir alle „alten“ Gesichter wiedersehen und hoffentlich „neue“ Gesichter begrüßen können.