Nachdem wir die lange Anreise von 12 Stunden hinter uns gebracht hatten, gab es nach unserer Ankunft erst einmal Abendessen. Anschließend konnten wir noch ein wenig durch die Krakauer Altstadt schlendern, welche einen wunderschönen Eindruck bei uns hinterließ. Am nächsten Tag sollte unser Programm in Krakau starten. Am Morgen konnten wir die Altstadt auch bei Tageslicht bestaunen und bekamen eine Führung durch einige der vielen eindrucksvollen Kirchen und durch das Krakauer Schloss, auf dessen Gelände sich auch der Krakauer Dom befindet. Interesse weckte bei uns auch die anschließende Führung durch das ehemalige jüdische Viertel Krakaus. Mit der Besichtigung einer Synagoge und eines jüdischen Friedhofs wurde uns die jüdische Kultur etwas näher gebracht. Des weiteren lernten wir auch viel über die Geschichte der Krakauer Juden und konnten uns Drehschauplätze des Films „Schindlers Liste“ anschauen.
Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen, denn es stand der wohl für uns wichtigste Tag der Reise an: der Besuch der Gedenkstätten “Auschwitz 1” und “Auschwitz 2 - Birkenau”. Um 7 Uhr startete unsere einstündige Busfahrt nach “Auschwitz 1”. Dort angekommen hieß es erst einmal auf unsere Guides warten. Wir wurden in drei Gruppen aufgeteilt, mit denen wir nun die Gedenkstätte besichtigten. Diesen Ort, welchen man von Fotos kennt, nun vor sich zu haben, hinterließ einen emotional starken Eindruck. Es ist ein bedrückendes Gefühl, an genau dem Ort zu stehen, an dem all diese Verbrechen geschahen.
Oft hatte man die Bilder der Qualen vor Augen, während uns von davon erzählt wurde. Einige aus unserer Reisegruppe berichteten am Ende von diesem einen „Gefühl“. Hier, wo wir gerade stehen, ist das alles wirklich geschehen. Wir gingen auch in den bekannten “Block 5”, in dem die Sachen einiger Insassen aufgestapelt waren. Die riesigen Haufen an Brillen, Schuhen, Kleidungsstücken, Gebetsschals und anderen Dingen des alltäglichen Lebens hinterließen einen bleibenden Eindruck. Auch die berühmte Todesmauer, die wir kurz später besichtigten, hinterließ beklemmende Eindrücke. Es war ein mulmiges Gefühl zu wissen, dass man genau dort stand, wo Tausende von Menschen grundlos erschossen wurden. Gerne hätten einige von uns etwas länger dort verweilt, doch mussten wir unser Programm auch noch fortsetzen.
Für uns ging es anschließend weiter nach “Auschwitz 2 - Birkenau”. Hier wurde uns das Geschehen und die Gräueltaten noch etwas stärker vor Augen geführt. Während “Auschwitz 1” zu einem Museum umgebaut wurde, wurde in “Auschwitz 2” vieles so gelassen, wie es war, nachdem die Nazis das Lager räumten. Beklemmend war es durch das Tor zu gehen und den Weg zu gehen, der für viele Menschen damals in den Tod führte. Der meterhohe Zaun, die alten Krematorien, das alles hinterließ eine düstere Stimmung bei uns.
Es war für uns ein lehrreicher Tag, an dem uns einmal mehr klar wurde, dass wir in der Verantwortung stehen, dass diese Geschichte nicht in Vergessenheit gerät!
Unser vierter Tag in Krakau begann mit einer Führung durch das ehemalige Ghetto. Noch heute sind einige ehemalige Mauern des Ghettos zu sehen. Aber hauptsächlich stehen neu erbaute Wohnhäuser im Gebiet. Ein weiteres Mal wurden uns von grausamen Taten beschrieben, die sich im Ghetto abgespielt haben.
Anschließend ging es für uns in die ehemalige Fabrik von Oskar Schindler. Die Fabrik ist heute ein Museum, welches sich aber deutlich mehr mit der Geschichte der Krakauer Juden beschäftigt, als mit der Geschichte der ehemaligen Emaillewarenfabrik Schindlers. Das Museum war atmosphärisch beeindruckend aufgebaut. So wurden mit Liebe zum Detail Teile des ehemaligen Ghettos oder des ehemaligen Adolf-Hitler-Platzes gezeigt und man fühlte sich in der Zeit zurückversetzt.
Nachdem wir anschließend etwas freie Zeit in Krakau verbrachten, stand für uns alle das wohl wichtigste Treffen der Fahrt an. Wir durften im Konferenzraum des Hotels Korona in Krakau eine Zeitzeugin treffen, die das Vernichtungslager “Auschwitz-Birkenau” überlebt hatte. Wir alle empfanden das als eine große Ehre. Es wurde uns bewusst, dass wir die letzte Generation sind, für die es möglich ist, mit überlebenden Menschen dieser grausamen Zeit zu sprechen. Dementsprechend hatten wir alle großen Respekt vor dem Treffen mit Frau Lidia Maksymowicz. Zur Zeit ihrer Befreiung aus “Auschwitz Birkenau” war Frau Maksymowicz 5 Jahre alt und sie beschrieb uns die schrecklichen Zustände einer Kinderbaracke in Birkenau. Frau Maksymowicz war eines der wenigen Kinder, welche die Experimente von Joseph Mengele überlebte. Zusammen mit unzähligen Kindern im Alter von zwei bis sechzehn Jahren verbrachte sie ihre Zeit in Birkenau. Ihre Mutter, welche sich auch im Lager befand, sah sie fast nie. Erst Jahre nach der Zeit im Lager fanden die beiden wieder zueinander.
Frau Maksymowicz beschrieb uns, wie alte Nahrungsmittel zu Brei geschlagen wurde, der mehr Hunger hinterließ als alles andere. Sie erzählten von den Arbeiten, die sie in ihren jungen Jahren verrichten musste, von unzähligen anderen grausamen Dingen, die ihr im Lager angetan wurden. Wir haben verstanden, wir haben gespürt, was es heißt, wenn das Leben eines Menschen keine Bedeutung mehr hat. Viele von uns haben sich wohl gefragt, woher Frau Maksymowicz die bewundernswerte Kraft genommen hat, in dieser Zeit zu überleben.
Anschließend hatten wir noch Zeit Frau Maksymowicz Fragen zu stellen. Frau Maksymowicz beantwortete sie uns offen und ehrlich. Ihre Erzählungen blieben uns noch lange im Kopf und waren auf der Rückfahrt nach Lemgo, die wir am nächsten morgen antraten, auch Thema für intensive Gespräche.
Die Fahrt wurde ermöglicht durch Spenden und Förderung zahlreicher Personen und Organisationen, u.a. der Stiftung Deutsche Kriegsgräberfürsorge Gedenken und Frieden. Dafür bedanken wir uns herzlich!